Lok ist haushoch überlegen - und scheitert beim 1:1 gegen die Erfurter Reserve am eigenen Unvermögen
Leipzig. 1779 Zuschauer marschierten abgrundtief enttäuscht nach Hause. Über hundert Lok-Anhänger, bei der erstmaligen Internet-Übertragung für fünf Euro live zugeschaltet, knipsten wütend ihren Computer aus. Kapitän Markus Krug stapfte mit gesenktem Kopf in die Kabine, zu keinem Kommentar bereit, ebenfalls ein Novum. Reaktionen auf einen tristen Oberliga-Nachmittag, dessen Ergebnis als schlechter Witz in die lange Probstheidaer Fußball-Geschichte eingehen wird.
1:1 (1:0) gegen Rot-Weiß Erfurt II, in einem Spiel, das Lok von der ersten Minute an klar beherrschte, bei rund 80 Prozent Ballbesitz und einer Fülle von Chancen 4:0 hätte gewinnen müssen. Die harmlosen, schüchternen, blutjungen Gäste (Durchschnittsalter 19,8 Jahre) kamen genau einmal gefährlich vor den Leipziger Kasten. Einmal zu viel. Der eingewechselte Philipp Serrek jagte die Kugel nach 75 Minuten unter die Querlatte, glich die hoch verdiente Führung durch Gianluca Marzullo (40.) noch aus. Ein Albtraum.
Wieder einmal hatte Lok wichtige Punkte regelrecht weggeworfen. Nur vier Siege in zehn Heimspielen, nur 16 statt 30 möglichen Zählern im Plache-Stadion, das reicht nicht im Kampf um Aufstiegs-Platz zwei. "Symptomatisch für die gesamte Hinrunde, wir haben den zweiten und dritten Treffer versäumt", knurrte Trainer Heiko Scholz nach dem Unglücks-Kick, mochte seinen Jungs ansonsten keinen Vorwurf machen: "Sie haben alles gegeben, gekämpft und auch guten Fußball gezeigt."
Die erste Halbzeit kann Scholz damit nicht gemeint haben. Sein Team, das seit Monaten stagniert, fand trotz drückender Überlegenheit keine Mittel - den ersten Torschuss gab es nach 34 Minuten. Der siebente Saisontreffer Marzullos, von Djamal Ziane vorbereitet, löste dann die Bremsen. Nach der Pause nahm Lok die Erfurter mit viel Tempo und schönen Kombinationen auseinander. Angetrieben von Sebastian Zielinsky, der mit seinen Sprints immer wieder Lücken riss. Doch im Abschluss versagte auch der beste Mann auf dem Platz, scheiterte wie Ziane und Marzullo an Keeper Paul Büchel oder an den Nerven.
Lok fehlt in der Offensive das Durchsetzungsvermögen, die Qualität. Ein Steve Rolleder in Top-Form hätte im Strafraum-Dauergetümmel mit Sicherheit getroffen, am Sonnabend durfte der einstige Torjäger erst in der Schlussphase ran, als Lok nichts mehr einfiel. Dass Scholz mit der Last-Minute-Einwechslung von A-Jugend-Stürmer Carlo Purrucker selbst noch Zeit von der Uhr nahm, verstand ohnehin keiner.
"Es ist traurig, dass wir uns nicht belohnen, aber niemand sollte uns schon abschreiben", meinte Marzullo trotzig, "wir haben noch 16 Spiele, da kann viel passieren." Stimmt, doch in diesen 16 Partien muss Lok elfmal auswärts antreten.
Steffen Enigk